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Libra Whitepaper v2.0

Die Libra Association hat ihr White Paper überarbeitet. Die Version 2.0 weicht von dem im Juni 2019 veröffentlichten White Paper in vier Kernpunkten ab:

  1. Stablecoins: Ausgangspunkt sind jetzt Einzelcoins, also z.B. EUR-Libra oder USD-Libra. Im ursprünglichen Konzept gab es nur eine globale Stablecoin, die Libra. Ihr lag ein Währungskorb aus den wichtigsten Währungsräumen zugrunde. Die Libra soll es weiterhin geben –  neben den Einzelcoins. Aber sie wird nicht mehr auf einem Währungskorb beruhen, sondern auf einem Smart-Contract aus den Einzelcoins.
  2. Compliance: Zur Verbesserung der Sicherheit des Zahlungssystems wird ein robustes Compliance-Rahmenkonzept aufgesetzt. Der Schwerpunkt liegt hier offensichtlich auf der Verhinderung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und der Verschleierung von wirtschaftlich Berechtigten.
  3. Blockchain: Im Zielbild gibt es keine „permissionless“ Blockchain mehr. Die Association verfolgt aber weiterhin einen offenen Ansatz.
  4. Libra Reserve: In sie werden starke Sicherungsmechanismen eingebaut.

Das sind eine Menge eine Menge spannender Themen. Alexander Bechtel hat mit Joans Groß dazu einen super Podcast gemacht. Er covert Libra im Grunde seit ihrer Entstehung. Wer sich für die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge interessiert, sollte sich den Potcast unbedingt anhören.

Mich interessiert jetzt die rechtliche Konstruktion. So wurde ich übrigens auf Libra aufmerksam. Also nicht etwa durch das Libra White Paper oder Facebook oder Blockchain. Nein, durch die Pressemitteilung des FSB vom 18. Oktober letzten Jahres:

Danach könnten globale Stablecoins den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr massiv verbessern: Vor allem Kleinbetragszahlungen könnten schneller und billiger werden – und das wäre ein wichtiger Beitrag zu finanziellen Inklusion. Stichwort: „Banking for the unbanked“. Nach Einschätzung des FSB bestehe auch aktuell kein Grund zur Sorge: Crypto-Assets, wie Stablecoins, sind kein wesentliches Risiko für die globale Finanzstabilität. Gut.

Beides hat mich ehrlich gesagt, nicht überrascht. Bekanntlich gibt es in Afrika mehr Handys als Bankkonten. Deshalb benutzt man zur zielgerichteten Verteilung von Hilfsmitteln zunehmend moderne Technologie. Hier können globale Stablecoins mit Sicherheit gute Dienste leisten. Und auch im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr im Euro-Raum gibt es noch Luft nach oben. Sicher: mit der SEPA-Überweisung, der SEPA-Lastschrift und dem Instant-Payment hat sich viel Bewegung getan. Aber da geht sicher noch mehr.

Und dass virtuelle Währungen zwar für die Verbraucher riskant sind, aber kein wesentliches Risiko für das Finanzsystem darstellen, war zu dem Zeitpunkt die herrschende Meinung der europäischen Aufsichtsbehörden. In einem gemeinsamen Bericht aus dem April 2018 setzten sich EIPOA, EBA und ESMA mit den Risiken virtueller Währungen auseinander und sahen keinen Handlungsbedarf. Wohlgemerkt: hinsichtlich der Stabilität des europäischen Finanzsystems.

Für Anleger sind sieht die Sache anders aus. Die deutsche Bankaufsicht, BaFin, warnte Verbraucher schon am 9. November 2017 vor den Risiken von sogenannten „ICO“s . Am 12. Februar 2018 wurden Verbraucher europaweit vor dem Kauf virtueller Währungen gewarnt.

Den Aufsichtsbehörden war wichtig, dass keiner auf die Idee kommt, sie im Ernstfall auf so etwas wie Einlagensicherung oder Anlegerschutz von Cyber-Assets anzusprechen. Oder gar die Frage zu stellen, warum sie nichts getan haben, um die Verbraucher vor Verlusten zu schützen. In der Warnung ging es der Bank- und Wertpapieraufsicht vor allem um Erwartungsmanagement.

Stablecoins sind für die Anleger riskant, aber kein Problem für die Finanzstabilität. Old News. So etwas ist eigentlich keine Pressemitteilung wert. Auch dann nicht, wenn es einen aktuellen Anlass gibt, wie das Treffen der G20 Finanzminister und Notenbankchefs in Washington, das im Oktober anstand. Das hat ja eher die Qualität von „Im Keller brennt noch Licht, aber keine Sorge, ich hab’s schon aus gemacht.“

Und in der Tat – hier steckte mehr dahinter: Ende Juni 2019 haben die Staatschefs der G20 in Osaka das FSB und die FATF nämlich ausdrücklich gebeten, sich mit den Risiken globaler Stablecoins auseinander zu setzen. Der Bericht des FSB im Oktober arbeitet das Thema jetzt gründlich auf.

Fun Fact: Zu dem Zeitpunkt war mir übrigens immer noch nicht klar, dass es nicht um theoretische Rechtsfragen geht, sondern um ein konkretes Projekt. Das habe ich erst gemerkt, nachdem ich den Bericht der G7 Arbeitsgruppe gelesen hatte, der sich auch auch mit den Auswirkungen globaler Stablecoins befasst. Der nennt in seinem Annex A Libra explizit als Beispiel. Und dafür bin ich den Verfassern wirklich dankbar: Das hat die Sache für mich greifbarer gemacht und meine Aufmerksamkeit, z.B. auf die Anhörung von Mark Zuckerberg im US-Kongress gelenkt.

Im White Paper v2.0 wird dieser Prozess übrigens unter der Überschrift „What’s Next?“ beschrieben. Die Libra Association hat in den vergangenen Monaten mit dem FSB, der Weltbank, der Internationalen Währungsfonds, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und anderen wichtigen Akteuren gesprochen. Die Ergebnisse kann man sogar nachlesen, und zwar im Konsultationspapier des FSB vom 14. April. Hier werden die Überlegungen der Regulatoren zusammenfasst. Legt man das White Paper v2.0 daneben, entsteht ein interessantes Bild.

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