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Überarbeitung der MaComp

Die BaFin hat ihre Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion
(MaComp) überarbeitet und die neue Fassung am 29. April 2020 veröffentlicht.
Das Modul BT7, das sich mit der Geeignetheitsprüfung befasst, wurde den
ESMA-Leitlinien aus dem Jahr 2018 angepasst. Es gibt zudem Erleichterungen
bei der Produktüberwachung für Wertpapierdienstleister, die Produkte vertreiben
und die Gültigkeit von Konformitätserklärungen wurde auf drei Jahre verlängert.

Rechtsanwalt Andreas Trapp erläutert Änderungen

Für den Anlegerschutz ist die Geeignetheitsprüfung von zentraler Bedeutung. Eine Wertpapierberatung muss den Kunden in die Lage versetzen, sich gut informiert für eine Anlage zu entscheiden. Das funktioniert nur, wenn der Berater seine Empfehlung auf die Kenntnisse und Erfahrungen, die finanzielle Situation und das Anlageziel des Kunden individuell zuschneidet. Im Ergebnis muss er aus dem schier unendlichen Universum der am Markt verfügbaren Anlagemöglichkeiten, ein Produkt auswählen, das für den Kunden in seiner spezifischen Situation gegeignet ist.

Vertrauen in der Anlageberatung

Deshalb beginnt jede Kundenbeziehung, bei der es um Anlageberatung oder Portfolioverwaltung geht, mit der Besprechung dieser Themen. Der Berater muß den Kunden kennen lernen, um einen guten Job machen zu können.Wertpapierberatung und Portfolioverwaltung leben vom Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Berater. Und das wird empfindlich auf die Probe gestellt, wenn Verluste eintreten.
Natürlich wird man zunächst die Märkte verantwortlich machen oder das gesamtwirtschaftliche Umfeld, vielleicht auch die Politik. Aber das hilft alles nicht, weil ja das Geld des Anlegers weg ist. Ich weiß – das Geld ist nicht wirklich weg, sondern es hat nur ein anderer – aber auch mit dem Spruch sollte man keinem Kunden kommen, der seinen Sommerurlaub absagen muss, weil gerade seine Optionsscheine wertlos verfallen sind.

Der Berater kann sich natürlich darauf zurückziehen, dass er nur beraten hat. Die finale Entscheidung hat der Kunden getroffen. Und da ist ja auch etwas dran. Der Kunde kann sich eigentlich nicht damit herausreden, dass die Verluste völlig überraschend sind. Wobei – die Überraschung nehme ich dem Kunden sogar ab. Aber die ist doch eher darauf zurück zu führen, dass er entweder die Risikoaufklärung komplett ignoriert oder nicht richtig verstanden hat. Ach ja, und die dritte Möglichkeit gibt es natürlich auch: Er hat das Risiko verdrängt und seine Fähigkeit, die negativen Folgen durch schlaue Entscheidungen zu vermeiden, überschätzt.

Jetzt, wo die Verluste da sind, sucht der enttäuschte Anleger nach jemandem, den er verantwortlich machen kann. Und da kommt sein Kundenberater gerade recht. Denn das war ja der Grund, warum er zur Bank gegangen ist: weil er Beratung wollte. Die Bank hat schließlich damit geworben, dass sie sich mit den Produkten und Märkten auskennt und die besten Angebote hat.

Anleger unterschätzen oft das Risiko

Ich glaube übrigens, dass das stimmt. Man braucht einige Erfahrung, um die Finanzmärkte richtig einschätzen zu können. Und es ist eben schon ein Unterschied, ob man am Stammtisch totsichere Investment-Tips austauscht, oder ob man ein professionelles Portfolio zusammen stellt, es unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten in der gegebenen Marktsituation optimiert und dabei relevante Zukunftserwartungen berücksichtigt. Dieses Know-how wissen die Kunden zu schätzen. Idealerweise stellt der Berater seine Professionalität ganz in den Dienst der Kundeninteressen. Idealerweise macht er genau das, was § 64 Abs. 3 S. 1 WpHG verlangt: Er empfiehlt Anlagen, die insbesondere der Risikotoleranz und der Fähigkeit des Kunden, Verluste zu tragen, entsprechen.

Die notwendigen Informationen dazu muss er jedenfalls haben. Die stehen nämlich auf dem sogenannten WpHG-Bogen, der ausgefüllt wird, wenn der Kunde zum ersten Mal zur Bank kommt undWertpapiergeschäfte machen will. Er ist anzupassen, wenn sich Änderungen ergeben.

Natürlich hat der WpHG-Bogen einen entscheidenden Nachteil: Er ist eine gesetzliche
Formalität, die erfüllt werden muss, bevor das eigentliche Kundenanliegen, nämlich die
Beratung, angefangen werden kann. Das bringt ihn in den Verdacht, in Wirklichkeit die
Manifestation von überflüssigem Bürokratismus zu sein. Außerdem gibt es Kunden, die
auf ihre Privatsphäre wert legen und nicht ohne weiteres bereit sind, Angaben zu ihren Einkünften, Familienverhältnissen oder sonstigem zu machen. Andere Kunden machen bewußt unzutreffende Angaben, damit sie Zugriff auf das komplette Spektrum der Anlageklassen erhalten. Sie geben bei Risikobereitschaft und bei Erfahrungen und Kenntnissen die jeweils höchste Stufe an. In Wirklichkeit sind sie eher risikoavers. Nur für Zwecke des WpHGBogens sagen sie zur Risikobereitschaft, dass ihnen der Verlust ihres gesamten Kapitals gleichgültig wäre.

Die Angaben solcher Kunden sind natürlich mit Vorsicht zu genießen. Wie soll man auf der Grundlage eine geeignete Anlage aussuchen? Im Grunde kann man als Berater in der Situation guten Gewissens keine Empfehlung aussprechen. Man kennt den Kunden zu wenig.

Kunden, die wissen was sie wollen

Auf der anderen Seite: Wenn der Kunde wirklich Ahnung hat und keine Beratung will, was spricht denn dagegen, seine Aufträge im beratungsfreien Geschäft entgegen zu nehmen?

Und natürlich ist auch Wertpapiervertrieb mit dem Kunden weiterhin möglich – nur eben keine Anlageberatung. Als Wertpapierberater sollte man nur sicher stellen, dass man die notwendigen Risikoaufklärungen nachvollziehbar dokumentiert hat.

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